Felix Kade ist Trainer auf dem Olympiastützpunkt in Leipzig. Er hat sich außerdem darauf spezialisiert, Fehlhaltungen zu korrigieren und Menschen zu einem gesunden Rücken und einem beweglichen Körper zu verhelfen. Er sagt: Chronische Rückenschmerzen haben meist keine klare Ursache – die Heilung muss ganzheitlich erfolgen.
Wann hast du angefangen, dich mit dem menschlichen Körper zu befassen?
In meiner Jugend war ich ein ziemlicher Nerd. Ich habe damals Prügelspiele wie Tekken geliebt und ein Stück weit waren die durchtrainierten Charaktere Vorbilder für mich. Ich sagte mir: „Wenn ich groß bin, will ich auch mal so aussehen.“ Aber den Arsch hab ich nie hochbekommen.
Und dann?
2010 begann ich dann mein Studium und ein Fitnessstudio auf dem Campus bot einen Probemonat umsonst an. Das war der Startschuss. Ich war sofort begeistert von der Atmosphäre, den Gewichten, dem sichtbaren Fortschritt und den damit einhergehenden Komplimenten. Zugegeben: Vielleicht habe ich es damals für die Mädels gemacht. Aber das war der Anfang, um mich intensiver mit dem Thema des menschlichen Körpers auseinanderzusetzen. Und seither habe ich nicht damit aufgehört.
Im Nachhinein sagst du, du hast anfangs Fehler gemacht, weil dir nach schweren Übungen alles weh tat. Ist Muskelkater nicht normal?
Ich meine nicht Muskelkater – der gehört dazu. Es begann mit dem Handgelenk, dann kamen Probleme in den Knien und der Hüfte dazu. Einige Zeit ging ins Land und ich musste mich mit Rückenproblemen auseinandersetzen. Die Ursachen ließen sich auf zwei Fehler zurückführen: a) die Übungsausführung war fehlerhaft und b) als Anfänger habe ich viel zu viel gemacht. Der Körper und vor allem das Bindegewebe brauchen Zeit, um sich an neue Belastungen anzupassen. Das wusste ich damals nicht und habe systematisch in Probleme hineintrainiert. Heute weiß ich es besser und gebe dieses Wissen auch weiter.
Stichwort Belastungen. Du sagst: Fünf Kilo Gewicht können ungefährlich sein oder einen kaputt machen. Was heißt das?
Unser Körper denkt nicht in Gewichten. Er weiß nur, welche Kraft er aufbringen muss, um eine bestimmte Last zu bewegen. Das kannst du selbst testen, indem du eine Milchpackung mit angewinkeltem Arm trägst oder mit ausgestrecktem Arm. Das Gewicht bleibt dasselbe. Die Last ist aber deutlich anders. Das passiert auch im Rücken, wenn wir etwas vom Boden heben – entweder wir erzeugen dabei schädliche Scherkräfte oder eben nicht.
Woher kommen Rückenschmerzen überhaupt?
Schmerzen entstehen zunächst nicht im Rücken selbst, sondern sind eine Entscheidung unseres Gehirns. Unser Gehirn verarbeitet viele Informationen und entscheidet sich dann, ob wir Schmerzen empfinden. In vielen Situationen hat der Schmerz einen Aufforderungscharakter: „Hier, sieh mal hin. Da ist etwas passiert und du solltest dich darum kümmern.“ Schmerz verleitet oft dazu, das entsprechende Körperteil zu schonen. Aber unser Gehirn kann sich auch dazu entscheiden, trotz einer Verletzung kein Schmerzsignal zu senden.
In welchen Situationen tut er das?
Ein Extrembeispiel wäre ein Surfer, der von einem Hai angegriffen wurde. Unser Gehirn tut gut daran, das Schmerzsignal auszusetzen, bis die Gefahr vorbei ist. Oder ein alltagsnahes Beispiel: Wir alle hatten bestimmt schon einmal eine Situation, in der wir uns fragten, wo der blaue Fleck herkommt. Ebenso ist es bei Rückenproblemen. Die allermeisten Rückenschmerzen sind unspezifisch, das heißt, es gibt keine klare Ursache dafür. Wahrscheinlich steckt dann eine Kombination aus Bewegungsmangel, Stress und psychischen Problemen dahinter.
Ist es deswegen meist so schwer, die konkrete Ursache herauszufinden?
Genau. Und leider fehlt vielen Ärzten bei der Patientenflut die Zeit, eine genaue Diagnose zu stellen. Aber das ist auch okay. Wenn kein spezifisches Problem vorliegt, müssen wir nicht unbedingt wissen, wo es genau klemmt. Mit einer Kombination aus Bewegung, Entspannung, gesunder Ernährung und Selbstmanagement erreichen wir viel. Da ist dann eigentlich auch egal, was genau geholfen hat, weil alle Aspekte einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität haben.
Du sagst, auch falsche Ernährung kann Rückenschmerzen verursachen. Wie das?
Dieses Thema allein bedarf eines kompletten Buches. Deswegen gebe ich hier nur ein einfaches Beispiel: Unser Darm ist faszial an der Wirbelsäule aufgehängt. Viele Osteopathen berichten, dass sich eine Entzündung des Dickdarms auf den Hüftbeuger auswirkt. Dieser verkürzt und verspannt. Sind die Hüftbeuger verspannt, erhöht sich der Druck auf die Bandscheiben im unteren Rücken. Zack: Wir haben Rückenschmerzen. Die Lösung kann eine Darmsanierung oder Ernährungsumstellung sein, bei der unverträgliche Lebensmittel aussortiert werden.
Wie hält man seinen Rücken am besten gesund?
Eben weil die Ursachen von Rückenschmerzen so vielfältig sind, verfolge ich fast immer einen ganzheitlichen Ansatz. Ich nenne es die fünf Säulen der Rückengesundheit: Motivation, Bewegung, Ernährung, Stressmanagement und Psyche. Wenn wir diese fünf Säulen meistern, kommen wir sehr weit. Wir dürfen dabei nicht vergessen: Belastbarkeit kommt vom Belastung. Sich schonen ist so 1990. Wir müssen uns regelmäßig herausfordern und belasten. So bleiben wir gesund.
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