Kaltes Wasser soll das Immunsystem stärken, gut für die Blutgefäße, Haut und Haare sein und sogar beim Fettverbrennen helfen. Wir erklären, was Kälte mit Ihrem Körper macht und warum kalt duschen und Wechselduschen gut für Körper und Psyche sein können.
Die kalte Dusche ist ein Trend unter Menschen, die intensiv Sport treiben oder generell versuchen, Körper und Gesundheit zu optimieren. Denn die Kälte am Morgen soll nicht nur einen klaren Kopf verschaffen, sondern auch allerlei Vorteile für Ihre Gesundheit und Ihre Fitness haben. Im deutschsprachigen Raum hat das zudem Tradition: Die Hydrotherapie nach Kneipp, die mit heißem und kaltem Wasser arbeitet, ist seit dem 19. Jahrhundert ein fester Bestandteil der Naturheilkunde.
Doch was sagen moderne wissenschaftliche Studien zur Wirkung von Kälte? Und wie schafft man es, sich zu überwinden, den Wasserhahn morgens auf kalt zu drehen? In diesem Artikel erhalten Sie Antworten auf diese und weitere Fragen rund um das Thema kalt duschen und Wechselduschen.
Was passiert, wenn ich kalt dusche?
Dass sich Dinge in Ihrem Körper verändern, wenn Sie frieren, wird Sie nicht überraschen. Auffällig ist zum Beispiel, dass der Körper zu zittern beginnt. Dieses Zittern hat eine wichtige Funktion: Es wird durch rhythmische Bewegungen der Muskeln verursacht. Sie regen so den Stoffwechsel an, produzieren Körperwärme und schützen Sie vor der Kälte [1].
Studien zeigten außerdem, dass Menschen, die sich kaltem Wasser aussetzen, vorübergehend einen schnelleren Puls, einen höheren Blutdruck und eine schnellere Atemfrequenz haben [2].
Kann ich mich gegen Kälte abhärten?
Wie wir auf Kälte reagieren, lässt sich möglicherweise durch Gewöhnung beeinflussen. Wenn Sie im Winter immer schnell frieren, kann Ihnen das vielleicht zugutekommen!
So legen Studien nahe, dass Menschen, die regelmäßig kalt duschen, generell weniger kälteempfindlich werden. In Experimenten veränderten sich zum Beispiel auch körperliche Reaktionen auf das Baden im kalten Wasser. Bei Studienteilnehmer*innen, die zuvor regelmäßig kalt geduscht hatten, waren zum Beispiel Atemfrequenz und Blutdruck weniger stark erhöht. Sie zitterten auch weniger und empfanden das kalte Wasser als weniger unangenehm [3], [4].
Ist kalt duschen gut für Haut und Haare? Auch hierzu gibt es Überlegungen: Kalt duschen hilft Haut und Haaren vermutlich nicht direkt. Aber wenn die kalte Dusche bedeutet, dass Sie dadurch weniger heiß duschen, könnte das ein großer Vorteil sein. Denn zu viel warmes Wasser kann die Haut und die Kopfhaut austrocknen.
Macht Kälte nicht auch krank?
An dem Wort „Erkältung“ erkennen Sie schon, dass die Menschen schon lange dachten, Kälte würde krank machen. Heute wissen wir, dass eine Erkältung durch Viren ausgelöst wird, nicht direkt durch niedrige Temperaturen.
Ob Kälte es den Viren leichter machen könnte, die Abwehrkräfte des Körpers zu überwinden, ist in der Wissenschaft umstritten. Sehr niedrige Temperaturen könnten zum Beispiel negativ auf die Immunabwehr wirken, indem sie die Schleimhäute in den Atemwegen austrocknen. Tierstudien zeigen, dass Kälte bestimmte Zellen des Immunsystems schwächen kann – doch in den Experimenten waren die Tiere meist längerer Zeit der Kälte ausgesetzt, anders als bei einer kalten Dusche [5].
Einige Forscher*innen sind auf der anderen Seite überzeugt, dass es das Immunsystem stärken kann und so bei der Abwehr von Erregern hilft, wenn wir uns für kurze Zeit Kälte aussetzen – wie zum Beispiel unter der Dusche. Für unsere Vorfahren, so die Theorie, waren solche Kältereize fester Teil des Lebens. Schließlich gab es die meiste Zeit über kein warmes Wasser. Heute könnten uns diese Reize fehlen [1].
Ist es Grippe oder Erkältung? Lesen Sie in unserem Gesundheitsportal mehr über die Unterschiede und wie Sie Ihr Immunsystem beim Abwehren von Infektionen unterstützen können.
Was bringen kalte Duschen und Wechselduschen?
Kalten Duschen und Wechselduschen werden verschiedene gesundheitsförderliche Effekte zugeschrieben, unter anderem ein gestärktes Immunsystem, Hilfe beim Abnehmen und mehr Konzentrationsfähigkeit. Wassertherapie soll Schmerzen lindern und bei der Behandlung mancher Krankheiten helfen, zum Beispiel von Lungenkrankheiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gelenkschmerzen [6].
Wissenschaftlich gesichert sind diese Zusammenhänge in der Regel nicht. Doch es gibt einige interessante Studien und viele Menschen schwören auf das kalte Wasser als Muntermacher. Es kann sich für Sie also lohnen, das kalte Duschen einmal auszuprobieren!
Stärkt kalt duschen das Immunsystem?
Viele Forschungsergebnisse gibt es zu dem Thema noch nicht. Eine deutsche Studie untersuchte den Effekt einer Hydrotherapie mit kaltem Wasser nach Kneipp auf das Immunsystem bei Menschen mit der Lungenerkrankung COPD. Im Zeitraum nach der Behandlung sank die Zahl der Infektionen, während die Anzahl der Lymphozyten im Blut anstieg. Lymphozyten sind Immunzellen, die zur Abwehr von Infektionen beitragen. Die Studie war allerdings recht klein, nur 20 Personen wurden untersucht [7].
Wussten Sie schon? Ein prominenter Kälte-Fan ist der niederländische Extremsportler Wim Hof. Er hält diverse Rekorde darin, Kälte auszuhalten – unter anderem lief er nördlich des Polarkreises bei -20 Grad Celsius einen Marathon, nur mit Shorts und Schuhen bekleidet. Mittlerweile vertritt er in Coachings seine Wim-Hof-Methode, die aus spezieller Atemtechnik, Meditation und Eisbädern besteht.
Weniger Krankmeldungen durch kalt duschen
Eine Studie aus den Niederlanden untersuchte, ob Menschen, die kalt duschen, seltener krank werden. Die Studienteilnehmer*innen, die regelmäßig kalte Duschen oder Wechselduschen durchführten, hatten am Ende 29 Prozent weniger krankheitsbedingte Fehltage. Sie berichteten aber nicht von weniger Tagen, an denen sie sich krank fühlten.
Die Forschenden nehmen deshalb an, dass die kalten Duschen Krankheiten zwar nicht seltener machten, aber dass sie dazu führen könnten, dass wir die Krankheiten nicht so intensiv wahrnehmen. Deswegen konnten die Kaltduschenden weiter ihrem Alltag nachgehen und arbeiten. Viele der Proband*innen gaben auch an, dass sie sich durch die kalten Duschen energiegeladener fühlten [8].
Fazit: Es gibt insgesamt noch wenige aussagekräftige Studien zu diesem Thema. Auch die Autor*innen der niederländischen Studie sagen: Ob sich die durch kalte Dusche morgens das Immunsystem nachhaltig stärken kann, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher sagen.
Macht kalt duschen wacher und weniger gestresst?
Das kalte Wasser regt am Morgen die Durchblutung an und bringt den Kreislauf in Schwung. Dadurch fühlen viele Menschen sich sofort hellwach.
Eine weitere Vermutung: Kaltes Wasser am Morgen kann die Stimmung aufhellen. In Studien wurden regelmäßige kalte Duschen sogar schon als Mittel getestet, um die Symptome von Depressionen zu lindern. Wie das funktionieren soll? Kälte kann laut der Forschenden das sympathische Nervensystem aktivieren, das unseren Körper bei Belastung oder Gefahr aktiviert. Dabei steigen kurzzeitig die Blutspiegel der Botenstoffe Noradrenalin und Beta-Epinephrin sowie des Hormons Cortisol im Gehirn. Diese Vorgänge im Gehirn könnten die Konzentrationsfähigkeit und die Stimmung verbessern [9].
Wie soll kalt duschen beim Abnehmen helfen?
Es gibt tatsächlich einen Weg, auf dem kalt duschen beim Abnehmen helfen könnte: Kälte aktiviert sogenannte braune Fettzellen, die vor allem im Oberkörper vorkommen. Das braune Fett produziert Wärme, um der Kälte entgegenzuwirken. Dazu verbrennt es Energie und verbraucht den Zucker Glukose, sodass Sie dass Sie in Ruhe mehr Kalorien verbrauchen [10], [11].
Sie möchten abnehmen und sich gesund ernähren? In unserem Gesundheitsportal erklären wir, wie Stoffwechselanalyse dabei helfen können, mithilfe eines DNA-Tests die passende Ernährung zu finden.
Kalt duschen und Wechselduschen nach dem Sport
Kaltes Wasser nach dem Training – das ist seit einigen Jahren Trend im Leistungssport und in der Fitness-Szene. Mehrere Studien haben sich damit befasst, was eine kalte Dusche oder ein Bad im Eiswasser nach einer Trainingseinheit für die sportliche Leistung bringt.
In einer Studie sahen sich die Forscher*innen zum Beispiel den Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System an. Durch das kalte Wasser sanken Puls und Blutdruck nach der sportlichen Belastung schneller wieder in den normalen Bereich. Das könnte dabei helfen, sich nach Training oder Wettkampf schneller zu regenerieren [12].
Diese Annahme stützt auch eine Analyse von 23 Studien: Die Autor*innen kamen zu dem Schluss, dass kalte Duschen sowie Wechselduschen bei der Regeneration und gegen Erschöpfung helfen – und so auch nachhaltige die Leistungsfähigkeit steigern könnten [13].
Kalte Dusche gegen Hitzeschlag
Eine weitere mögliche Anwendung: Mit kaltem Wasser einem Hitzeschlag entgegenwirken. Athlet*innen müssen häufig bei warmen, feuchten Temperaturen Höchstleistungen erbringen, was dazu führen kann, dass der Körper überhitzt. Kalte Duschen oder Bäder in kaltem Wasser direkt nach einem solchen Wettkampf konnten in einigen Studien dabei helfen, eine Überhitzung zu behandeln [14].
Kalt duschen – wie fange ich an?
Die entscheidende Frage beim kalt duschen ist: Wie fange ich an? Bei den meisten Menschen ist die Überwindung anfangs groß.
Die Wechseldusche, also das Abwechseln von kaltem und warmem Wasser, kann dabei helfen, sich an das kalte Wasser zu gewöhnen. Fangen Sie zu Beginn damit an, sich wie gewohnt warm zu duschen. Am Ende drehen Sie den Hahn dann auf kalt. Eine Empfehlung aus der Kneipp-Therapie ist, immer an dem Punkt anzufangen, der am weitesten vom Herz entfernt ist – das ist Ihr rechter Fuß. Von da aus können Sie sich bis zum Oberkörper vorarbeiten.
Der kalte Teil der Dusche kann anfangs ruhig nur 30 bis 60 Sekunden dauern. Nach und nach können Sie sich dann steigern.
Noch ein Tipp für den Anfang: Probieren Sie Wassertreten aus! Dabei füllen Sie eine flache Wanne, zum Beispiel Ihre Badewanne oder einen Eimer mit Wasser, gehen mit Ihren Füßen hinein und bewegen sie. Das hilft Ihnen, sich an das kalte Wasser zu gewöhnen.
Wie kalt soll das Wasser sein?
Eine klare Regel für die Wassertemperatur gibt es beim kalt duschen nicht. Einige Quellen schlagen 20 Grad Celsius vor. Aber es kommt vor allem auf Ihre Wahrnehmung an. Wenn Sie das Wasser als kalt empfinden, dann hat es auch eine Wirkung auf Ihren Körper.
Wie lange soll ich kalt duschen?
30 Sekunden bis drei Minuten gelten als gute Zeit, wenn das Wasser kein Eiswasser ist, sondern 15 bis 20 Grad hat. Die drei Minuten sollten Sie am besten nicht überschreiten. Eiswasser sollten Sie sich höchstens eine Minute aussetzen.
Wer sollte nicht kalt duschen?
Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten besser beim Warmduschen bleiben, denn der Kälteschock kann den Kreislauf überfordern. Sie sollten kalte Duschen auch nicht als Therapie gegen ernsthafte Erkrankungen einsetzen – sehen Sie sie besser als Hilfsmittel, um Ihr generelles Wohlbefinden und Ihre Fitness zu verbessern!
Kalt duschen + Wechseldusche – Auf einen Blick
Was bringt kalt duschen?
Regelmäßigen kalten Duschen oder Wechselduschen werden viele gesundheitliche Vorteile zugeschrieben. Dazu gehören eine geringere Empfindlichkeit gegenüber Kälte, ein gestärktes Immunsystem, bessere Konzentration und weniger Stress und sogar Hilfe beim Abnehmen.
Für viele dieser Wirkungen gib es bislang nur vereinzelte Hinweise in wissenschaftliche Studien, gesichert sind die Vorteile der kalten Dusche nicht. Wenn Sie gesund sind und keine Herz-Kreislauf-Probleme haben, kann es sich aber lohnen, es auszuprobieren – viele Menschen berichten davon, vom kalten Wasser schneller wach und energiegeladen zu werden.
Wie helfen kalte Duschen und Wechselduschen beim Sport?
In einigen Studien konnte kaltes Wasser nach intensiver sportlicher Belastung zur Regeneration beitragen und die Erschöpfung reduzieren. Bei sportlichen Wettkämpfen in heißem Klima wurden kalte Duschen auch schon eingesetzt, um einen Hitzeschlag zu behandeln.
Wie fange ich mit dem kalten Duschen an?
Dass eine kalte Dusche viel Überwindung kostet, ist normal. Fangen Sie damit an, sich im Anschluss an eine warme Dusche kurz kalt abzuduschen und steigern Sie sich langsam. Bleiben Sie dann 30 Sekunden bis 3 Minuten unter dem kalten Wasser.
Quellen
[1] J. W. Castellani, I. K. Brenner, und S. G. Rhind, „Cold Exposure Human Immune Responses and Intracellular Cytokine Expression“, ARMY RESEARCH INST OF ENVIRONMENTAL MEDICINE NATICK MA, Juli 2002. Zugegriffen: Aug. 21, 2020. [Online]. Verfügbar unter: https://apps.dtic.mil/sti/citations/ADA411099.
[2] C. M. Bleakley und G. W. Davison, „What is the biochemical and physiological rationale for using cold-water immersion in sports recovery? A systematic review“, Br. J. Sports Med., Bd. 44, Nr. 3, S. 179–187, März 2010, doi: 10.1136/bjsm.2009.065565.
[3] C. M. Eglin und M. J. Tipton, „Repeated cold showers as a method of habituating humans to the initial responses to cold water immersion“, Eur. J. Appl. Physiol., Bd. 93, Nr. 5, S. 624–629, März 2005, doi: 10.1007/s00421-004-1239-6.
[4] T. M. Makinen, „Different types of cold adaptation in humans“, Front. Biosci. Sch. Ed., Bd. 2, S. 1047–1067, Juni 2010, doi: 10.2741/s117.
[5] I. K. Brenner u. a., „Immune changes in humans during cold exposure: effects of prior heating and exercise“, J. Appl. Physiol. Bethesda Md 1985, Bd. 87, Nr. 2, S. 699–710, Aug. 1999, doi: 10.1152/jappl.1999.87.2.699.
[6] A. Mooventhan und L. Nivethitha, „Scientific Evidence-Based Effects of Hydrotherapy on Various Systems of the Body“, North Am. J. Med. Sci., Bd. 6, Nr. 5, S. 199–209, Mai 2014, doi: 10.4103/1947-2714.132935.
[7] K. Goedsche, M. Förster, C. Kroegel, und C. Uhlemann, „[Repeated cold water stimulations (hydrotherapy according to Kneipp) in patients with COPD]“, Forsch. Komplementarmedizin 2006, Bd. 14, Nr. 3, S. 158–166, Juni 2007, doi: 10.1159/000101948.
[8] G. A. Buijze, I. N. Sierevelt, B. C. J. M. van der Heijden, M. G. Dijkgraaf, und M. H. W. Frings-Dresen, „The Effect of Cold Showering on Health and Work: A Randomized Controlled Trial“, PLOS ONE, Bd. 11, Nr. 9, S. e0161749, Sep. 2016, doi: 10.1371/journal.pone.0161749.
[9] N. A. Shevchuk, „Adapted cold shower as a potential treatment for depression“, Med. Hypotheses, Bd. 70, Nr. 5, S. 995–1001, Jan. 2008, doi: 10.1016/j.mehy.2007.04.052.
[10] A. A. J. J. van der Lans u. a., „Cold acclimation recruits human brown fat and increases nonshivering thermogenesis“, J. Clin. Invest., Bd. 123, Nr. 8, S. 3395–3403, Aug. 2013, doi: 10.1172/JCI68993.
[11] K. A. Virtanen u. a., „Functional brown adipose tissue in healthy adults“, N. Engl. J. Med., Bd. 360, Nr. 15, S. 1518–1525, Apr. 2009, doi: 10.1056/NEJMoa0808949.
[12] A. I. Cuesta-Vargas u. a., „Hydrotherapy as a recovery strategy after exercise: a pragmatic controlled trial“, BMC Complement. Altern. Med., Bd. 13, S. 180, Juli 2013, doi: 10.1186/1472-6882-13-180.
[13] T. R. Higgins, D. A. Greene, und M. K. Baker, „Effects of Cold Water Immersion and Contrast Water Therapy for Recovery From Team Sport: A Systematic Review and Meta-analysis“, J. Strength Cond. Res., Bd. 31, Nr. 5, S. 1443–1460, Mai 2017, doi: 10.1519/JSC.0000000000001559.
[14] C. L. Butts u. a., „Physiologic and Perceptual Responses to Cold-Shower Cooling After Exercise-Induced Hyperthermia“, J. Athl. Train., Bd. 51, Nr. 3, S. 252–257, März 2016, doi: 10.4085/1062-6050-51.4.01.