Probiotika sind Nahrungsergänzungsmittel, die lebende Bakterienkulturen enthalten und so der Darmflora und der Verdauung zugutekommen sollen. Probiotika enthalten zum Beispiel Laktobazillen und Bifidobakterien sowie S. boulardii – typische Vertreter der probiotischen, “guten” Bakterien, die positive Auswirkungen auf die Darmflora haben und auch das Wachstum anderer Mikroben fördern können.
Immer wieder wird diskutiert, ob Probiotika für Schwangere und deren Kinder besonders geeignet sein könnten. Von Beginn an – sogar schon im Mutterleib – beeinflusst das Mikrobiom der Mutter, welche Arten von Bakterien den Körper des Kindes besiedeln. Deswegen ist klar: Was die Darmflora der Mutter verändert, wirkt sich vermutlich auch auf das Kind aus.
Für das Kind kann das einen riesigen Unterschied machen. Einige Wissenschaftler*innen vermuten, dass die Darmflora der Mutter die Gesundheit des Kindes für dessen ganzes Leben lang beeinflusst [1]. Was genau die Vorteile von Probiotika in der Schwangerschaft sind, wird aber noch diskutiert und erforscht – Studien kommen hier zu unterschiedlichen Ergebnissen [2].
Im Überblick: Probiotika für Schwangere und Stillende
- Probiotika sind Nahrungsergänzungsmittel, die lebende Bakterien enthalten. Sie können die Darmflora verändern – und sich bei Schwangeren und Stillenden so auch auf das Kind auswirken.
- Probiotika während Schwangerschaft und Stillzeit gelten im Allgemeinen als sicher
- Während der Schwangerschaft können Probiotika möglicherweise unter anderem das Risiko von Frühgeburten, Magen-Darm-Beschwerden, Schwangerschaftsdiabetes und Bluthochdruck senken
- Gehen die probiotischen Bakterien auch auf das Kind über, könnte das lebenslang Vorteile für das Immunsystem, die Verdauung und den Stoffwechsel haben.
- Studien zufolge sollen Probiotika während der Stillzeit das Risiko von Brustentzündungen bei der Stillenden sowie Bauchschmerzen und Hautveränderungen beim Kind senken.
- Generell gilt: Studien zu diesem Thema kommen immer wieder zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, an den genauen Auswirkungen muss noch viel geforscht werden.
Was bringen Probiotika in der Schwangerschaft für die Mutter?
In den letzten Jahren gab es zahlreiche Studien, die untersucht haben, welche Effekte Probiotika während der Schwangerschaft haben könnten. Die meisten der Autor*innen dieser Studien weisen darauf hin, dass es noch mehr groß angelegte Forschung braucht, um genaue Empfehlungen geben zu können. Generell gelten Probiotika während der Schwangerschaft als sicher.
Was sind eigentlich Probiotika? Probiotika sind Nahrungsergänzungsmittel, die lebende Bakterienkulturen enthalten. Die enthaltenen Bakterien sind probiotisch, das heißt sie sind nicht nur potentiell gut für die Gesundheit, sondern fördern auch das Wachstum anderer “guter” Mitbewohner im Darm. Oft sind den Präparaten auch Ballaststoffe zugefügt, die als Futter für die Bakterien dienen. Außerdem gibt es von Natur aus probiotische Lebensmittel wie Sauerkraut und Joghurt, in denen ebenfalls lebende Bakterien stecken.
In den Studien finden sich schon einige Hinweise auf mögliche Vorteile der Probiotika, zum Beispiel [3-8]:
- Geringeres Risiko einer Frühgeburt
- Geringeres Risiko von Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Verstopfungen in der frühen Schwangerschaft
- Geringeres Risiko für Schwangerschaftsdiabetes, Übergewicht und metabolisches Syndrom, unter anderem durch niedrigeren Blutzucker
- Geringeres Risiko von Bluthochdruck und Präeklampsie
Einige Studien kommen aber auch zu anderen Ergebnissen. Eine Studienzusammenfassung von 2018 ergab, dass die Einnahme von Probiotika keinen Einfluss auf das Risiko von Frühgeburten oder Komplikationen hatte – weder positiv noch negativ [9]. Ein weiteres Studienreview sah sogar Hinweis darauf, dass Probiotika das Risiko für Präeklampsie erhöhen könnten – eine Schwangerschaftserkrankung, bei der der Bluthochdruck steigt und es zu Schäden an Leber und Nieren kommen kann [10].
Fazit: Es gibt keine eindeutigen Hinweise darauf, dass Probiotika während der Schwangerschaft schädlich sind. Positive Effekte sind möglich, aber noch nicht besonders gut erforscht. Mögliche Effekte sind zum Beispiel ein geringeres Risiko für Frühgeburt, Schwangerschaftsdiabetes und Übelkeit. Wissenschaftler*innen arbeiten an weiteren, hochwertigen Studien zum Thema.
Was bringen Probiotika in der Schwangerschaft für das Kind?
Wie sich die Darmflora am Anfang des Lebens zusammensetzt, entscheidet sich zu einem großen Teil während Schwangerschaft und Geburt. Das Mikrobiom der Mutter hat einen Einfluss, ebenso die Art der Geburt.
Wussten Sie das? Bei einer vaginalen Geburt wird das Kind der Scheidenflora der Mutter ausgesetzt – so können sich bestimmte Bakterien direkt im Darm des Neugeborenen ansiedeln. Forschende gehen davon aus, dass deswegen durch die vaginale Geburt die Diversität der Darmflora steigt, zumindest in den ersten Monaten und Jahren des Lebens. Welchen Einfluss das auf das spätere Risiko von Allergien und ähnlichen Krankheiten hat, wird noch erforscht [11], [12].
Wenn die Schwangere Probiotika nimmt, kann das auch einen Einfluss auf das Kind nehmen. Hier werden ebenfalls verschiedene Folgen untersucht, erste Studien deuten auf folgende Zusammenhänge hin [6], [13]:
- Höhere Vielfalt der Darmbakterien und damit geringeres Risiko einer Dysbiose
- Einfluss auf das Immunsystem: geringeres Risiko von Allergien, Neurodermitis und Autoimmunerkrankungen
- Einfluss auf die Verdauung, geringeres Risiko von Magen-Darm-Beschwerden
- Geringeres Risiko von Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes
Einige Fachleute empfehlen, in der Schwangerschaft Probiotika zu nehmen, wenn Allergien in Ihrer Familie verbreitet sind – auch, weil damit kaum Risiken einhergehen. Ob sich so das Risiko des Kindes für Allergien und Neurodermitis wirklich senken lässt, ist in der Wissenschaft aber noch umstritten.
Aus der Forschung: Nicht alle Studien kommen zu vielversprechenden Ergebnissen. Eine Langzeit-Studie hat sich ganz konkret angesehen, ob Probiotika in der Schwangerschaft das spätere Risiko von Allergien beim Kind senken können. Im Alter von 3 bis 7 Jahren zeigte sich hier kein Unterschied – die Kinder, deren Mütter Probiotika genommen hatten, hatten im Schnitt genauso häufig Allergien entwickelt [2].
Probiotika in der Stillzeit
Auch über die Muttermilch und die Brust der Mutter nehmen Säuglinge Bakterien auf. Dementsprechend wirkt sich auch das Stillen auf das Mikrobiom des Kindes aus. Studien haben auch hier bestätigt, dass die gängigen Probiotika für Stillende und Kind sicher sind – und dass sie tatsächlich beeinflussen können, welche Bakterienarten die Muttermilch besiedeln [14].
In Studien fanden Forschende unter anderem folgende mögliche Effekte, wenn Stillende während der Stillzeit Probiotika einnahmen [3], [4], [15]:
- Geringeres Risiko von Brustentzündungen und Schmerzen bei der Stillenden
- Mehr förderliche und weniger schädliche Bakterien im Darm des Säuglings
- Geringeres Risiko für Koliken (starke Bauchschmerzen) beim Baby
- Geringeres Risiko für Neurodermitis und andere Hautveränderungen
In einigen Studien kam es darauf an, welche Bakterien genau verabreicht wurden. So hatte zum Beispiel in einer Studie das Bakterium Lactobacillus rhamnosus einen Einfluss auf das Risiko von Hautveränderungen, im Gegensatz zu bestimmten Bifidobakterien, die in anderen Studien untersucht wurden. Es kann generell hilfreich sein, Präparate mit verschiedenen Bakterienarten zu sich zu nehmen – das Ziel ist schließlich unter anderem eine höhere Vielfalt der förderlichen Darmbakterien.
Wussten Sie das? Dem Stillen werden mehrere gesundheitliche Vorteile für das Kind zugeschrieben, unter anderem für die Entwicklung der Darmflora und des Immunsystems. Auch das spätere Risiko für Verdauungsbeschwerden und Allergien soll dadurch sinken. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, wenn möglich, die ersten sechs Monate ausschließlich zu stillen und danach eine Mischkost aus Stillen und ergänzender Nahrung [14].
Quellen
[1] C. Cuinat, S. E. Stinson, W. E. Ward, und E. M. Comelli, „Maternal Intake of Probiotics to Program Offspring Health“, Curr Nutr Rep, Bd. 11, Nr. 4, S. 537–562, Dez. 2022, doi: 10.1007/s13668-022-00429-w.
[2] E. V. Shipton u.a., „OFFSPRING: A SPRING Follow-Up Study Assessing the Efficacy of Maternal Probiotics and Allergic Disease in the Child“, International Archives of Allergy and Immunology, Bd. 185, Nr. 3, S. 212–217, Dez. 2023, doi: 10.1159/000535179.
[3] B. K. Alemu, G. G. Azeze, L. Wu, S. L. Lau, C. C. Wang, und Y. Wang, „Effects of maternal probiotic supplementation on breast milk microbiome and infant gut microbiomeandhealth: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials“, American Journal of Obstetrics & Gynecology MFM, Bd. 5, Nr. 11, S. 101148, Nov. 2023, doi: 10.1016/j.ajogmf.2023.101148.
[4] A. Z. Zaidi, S. E. Moore, und S. G. Okala, „Impact of Maternal Nutritional Supplementation during Pregnancy and Lactation on the Infant Gut or Breastmilk Microbiota: A Systematic Review“, Nutrients, Bd. 13, Nr. 4, S. 1137, März 2021, doi: 10.3390/nu13041137.
[5] A. Obuchowska u.a., „Effects of Probiotic Supplementation during Pregnancy on the Future Maternal Risk of Metabolic Syndrome“, Int J Mol Sci, Bd. 23, Nr. 15, S. 8253, Juli 2022, doi: 10.3390/ijms23158253.
[6] L. Kuang und Y. Jiang, „Effect of probiotic supplementation in pregnant women: a meta-analysis of randomised controlled trials“, Br J Nutr, Bd. 123, Nr. 8, S. 870–880, Apr. 2020, doi: 10.1017/S0007114519003374.
[7] A. T. Liu, S. Chen, P. K. Jena, L. Sheng, Y. Hu, und Y.-J. Y. Wan, „Probiotics Improve Gastrointestinal Function and Life Quality in Pregnancy“, Nutrients, Bd. 13, Nr. 11, Art. Nr. 11, Nov. 2021, doi: 10.3390/nu13113931.
[8] T.-R. Peng, T.-W. Wu, und Y.-C. Chao, „Effect of Probiotics on the Glucose Levels of Pregnant Women: A Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials“, Medicina (Kaunas), Bd. 54, Nr. 5, S. 77, Nov. 2018, doi: 10.3390/medicina54050077.
[9] A. Jarde u.a., „Pregnancy outcomes in women taking probiotics or prebiotics: a systematic review and meta-analysis“, BMC Pregnancy Childbirth, Bd. 18, S. 14, Jan. 2018, doi: 10.1186/s12884-017-1629-5.
[10] „Probiotika zur Vorbeugung von Schwangerschaftsdiabetes“, Cochrane Reviews. Zugegriffen: 3. September 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.cochrane.org/de/CD009951/PREG_probiotika-zur-vorbeugung-von-schwangerschaftsdiabetes
[11] E. Rutayisire, K. Huang, Y. Liu, und F. Tao, „The mode of delivery affects the diversity and colonization pattern of the gut microbiota during the first year of infants’ life: a systematic review“, BMC Gastroenterol, Bd. 16, Nr. 1, S. 86, Juli 2016, doi: 10.1186/s12876-016-0498-0.
[12] L. Yu, Y. Guo, und J.-L. Wu, „Influence of mode of delivery on infant gut microbiota composition: a pilot study“, J Obstet Gynaecol, Bd. 44, Nr. 1, S. 2368829, Dez. 2024, doi: 10.1080/01443615.2024.2368829.
[13] S. Rautava, R. Luoto, S. Salminen, und E. Isolauri, „Microbial contact during pregnancy, intestinal colonization and human disease“, Nat Rev Gastroenterol Hepatol, Bd. 9, Nr. 10, S. 565–576, Okt. 2012, doi: 10.1038/nrgastro.2012.144.
[14] K. E. Lyons, C. A. Ryan, E. M. Dempsey, R. P. Ross, und C. Stanton, „Breast Milk, a Source of Beneficial Microbes and Associated Benefits for Infant Health“, Nutrients, Bd. 12, Nr. 4, S. 1039, Apr. 2020, doi: 10.3390/nu12041039.
[15] Q. Yu u.a., „The preventive and therapeutic effects of probiotics on mastitis: A systematic review and meta-analysis“, PLoS One, Bd. 17, Nr. 9, S. e0274467, 2022, doi: 10.1371/journal.pone.0274467.